Beim petit déjeuner an der großen Tafel des Hauses „La Croix Verte“ trafen sich die Gäste. Wir hatten gar nicht wahrgenommen, dass außer uns noch zwei ältere Ehepaare da waren. Auch am Frühstückstisch standen, wie in den Zimmern, nette und verspielt-praktische Einzelheiten, zum Beispiel eine hölzerne Gehrungslehre für das schräge Abschneiden von Baguettestücken. Ansonsten gab es gute Marmeladen aus England, hergestellt von Madames Mutter. Madame ist Engländerin.
Die nächsten Stunden verbrachten wir mit dem Ausarbeiten unseres restlichen Reiseplans am Computer. Es galt, ohne allzu mörderische Steigungen auf annähernd gerader Linie Aurillac zu erreichen und dabei noch einen oder zwei günstig gelegene Etappenorte anzusteuern, in denen wir sicher Unterkunft bekommen würden. Das war nicht ganz einfach und vom angestrengten Suchen auf Bildschirm und Landkarte schmerzten am Ende die Augen, bis wir Lacapelle Viescamp am Stausee der Cére als Tagesziel gewählt und dort auch gleich noch online ein Zimmer im Hotel du Lac gebucht hatten. Es soll ein heisser Tag werden und die Route ist manchmal recht steil und nicht unbedingt kurz. Das wird sicher kein Spaziergang.
Den gab es dafür an diesem Nachmittag. Wir radelten in den Ort, besorgten in einer Boulangerie etwas zu essen, setzten uns damit auf eine Steinbank unter Bäumen am Fluss und gönnten uns anschließend Kaffee unter den bunten Schirmen vor einer Bar. Argentat ist nicht überlaufen, aber an der Uferpromenade und in den Lokalen trifft man außer französischen Feriengästen auch Holländer und Briten. Wir gondelten weiter umher durch die recht leeren Gassen, suchten Ein- und Ausblicke, machten bei einem Buchladen Halt, der trotz des Sonntags geöffnet hatte und wo Friederike ein Buch mit kriminalstischen Kurzgeschichten kaufte.
Vor lauter Müßiggang wurden wir ganz schläfrig. Zur Erfrischung bestellten wir bei einer Bar unser Erfrischungsgetränk dieses Sommers, menthe a l’eau. Dann fuhren wir zurück zu unserem Zimmer und verbrachten eine Weile mit Siesta und Wäschewaschen. Auch dabei bewähren sich übrigens meine neuen „Funktions-Textilien“. Als Freund natürlicher Fasern hatte ich lange gezögert, die Plastik-Sachen zu probieren, aber beim schweisstreibenden Radfahren waren mir die schlecht trocknenden klatschnassen Unterhemden und Hemden aus Baumwolle und das Frösteln darin bei Pausen letztlich doch zu lästig geworden, und so hatte ich in der Woche vor unserer Abreise im Schlussverkauf günstig drei Unterhemden und drei Hemden aus Polyester-Fasern gekauft. Die haben sich nicht nur beim Tragen bewährt, sondern sie sind auch mit wenig Waschmittel und Wasser schnell herausgewaschen und klargespült und trocknen problemlos innerhalb einer Nacht.
Abendessen gab es wieder beim bewährten „Fouillade“ und auf dem Rückweg zum Haus kam uns nach diesem Faultag der kleine Anstieg mit unbeladenen Rädern so mühsam vor, dass wir dem kommenden Tag mit Spannung entgegenblickten.