Das nächtliche Gewitter war lang und heftig gewesen. Morgens regnete es noch so stark, dass wir unsere Capes anzogen. Um zur Fahrradroute zu gelangen, mussten wir ein ganz kurzes Stück sehr steil bergauf, aber anschließend wurde es angenehm und ging meistens bergab.
Über eine lange Strecke fuhren wir auf einer alten Eisenbahntrasse entlang, durch Galerien und finstere Tunnels, über weit gespannte Brücken und an den Ruinen alter Bahnhöfe vorbei, stetig bergab. Es hatte zu regnen aufgehört, manchmal schien sogar die Sonne und wenn man wollte, konnte man auch im kräftigen Wind schon einen Hauch mediterraner Wärme ahnen. Im alten Bahnhof von Chiusaforte gab es eine Bar, da machten wir Halt und gönnten uns Cappuccino.
Dann ging es weiter flott bergab. Bei Saletto nahmen wir wohl eine falsche Abzweigung und versäumten so eine Flussquerung. Als wir einige Kilometer später auf die richtige Seite gelangten, mussten wir zur Buße für die Unaufmerksamkeit eine 27 prozentige Steigung hochschieben, um wieder zur alten Bahntrasse zu kommen.
In Venzone machten wir Halt und sahen uns etwas um. Unter anderem besichtigten wir die wieder errichtete Kirche, die bei den friulischen Erdbeben des Jahres 1976 völlig zerstört worden war.
Weiter auf unserem Weg folgte ein etwas unangenehmer Abschnitt entlang einer ehemaligen Straße. Der Belag bestand aus feinem Schotter, der an manchen Stellen so locker war, dass wir ins Schwimmen gerieten. Es gab auch einige Tunnel mit schlechtem Straßenbelag und üblen Schlaglöchern, die in der Dunkelheit schwer auszumachen waren. Aber es ging fast immer abwärts, ein kräftiger Wind blies die Wolken fort, die Sonne kam bisweilen durch, es wurde wärmer. Wir ließen die letzten schroffen Berge zurück, die uns auf beiden Seiten begleitet hatten, das Flussbett des Tagliamento wurde breiter, das durch die Regenfälle angeschwollene Wasser floss in verschiedenen Strömen zwischen den Kiesbänken dahin. Wir überquerten das Flussbett auf einer langen Brücke und kamen nach Gemona, unserem Tagesziel.
Das per Booking.com vorbestellte Zimmer erwies sich als Schnäppchen. Wir lagen um 30% unter dem regulären Zimmerpreis des modernen Hauses. Auspacken, Elektronik an die Ladegeräte, kleine Wäsche, duschen, dann ging es wieder hinaus und im milden Abendlicht hinauf in den Ort, während auf der anderen Seite gerade die Sonne hinter den Hügeln verschwand. Einzig störend der kräftige Wind, aber der hatte ja auch den Regen vertrieben.
Auch hier erinnert man sich noch an verschiedenen Stellen an den Schrecken der drei Erdbeben von 1976. Wir besichtigten die Hauptkirche, liefen noch etwas durch die Stadt und ließen uns dann „Al Duomo“ zum Abendessen nieder. Das war sehr fein, der dürre Kellner war auf eine trockene Art sehr freundlich und preislich blieb das Vergnügen durchaus im Rahmen.
Auf dem Heimweg wurden wir nochmal kräftig vom Sturm durchgepustet, der Plan, im Hotelcafé noch einen Gutenachttrunk zu nehmen, wurde dadurch vereitelt, dass schon geschlossen war. So kamen wir schon eher als geplant ins Zimmer und zur Nachtruhe in unserem heute wieder etwas eleganteren Bett.