Der Rothenburger Hof ließ von der Lage her keine ländliche Stille erwarten, aber wir konnten doch recht gut schlafen. Übrigens war es das erste Hotel, in dem es Freifunk-WLan gab. Frühstück hatten wir nicht bestellt, stattdessen gingen wir ins nebenan gelegene Einkaufszentrum, setzten uns vor einen Backshop und frühstückten nach italienischer Art mit Gebäck und Milchkaffee. Der Laden hätte sich von seiner Einrichtung und Ausstattung her auch in einem Münchner Einkaufszentrum befinden können, aber die Stimmung war kleinstädtisch, vertrauter zwischen Kunden und Bedienungen, man kannte sich. Ein Behinderter Mann, der sich nur schwer ausdrücken konnte, wurde fröhlich begrüßt und mit der nötigen Geduld höflich bedient, obwohl er etwas unordentlich aussah. Wir frühstückten, der Aufbackofen bimmelte in harmonischen Klängen, wenn etwas fertig war, wir beobachteten das Kommen und Gehen der Kundschaft des Zentrums, auffallend viele davon ärmeren Schichten angehörig.
Der Start aus Rothenburg hinaus war nicht ganz einfach, denn es gab erstens verwirrende Wegweiser, die nicht nur uns, sondern auch andere Radler vor Rätsel stellten, und zweitens konnte es mein Navi zunächst auch nicht besser, bis wir schließlich doch den Radweg „Romantische Straße“ erreicht hatten und alles wieder klar und eindeutig wurde.
Die Route verläuft nicht gemütlich an Flüssen entlang, sondern bergauf und bergab über Land, was sie interessant und landschaftlich sehr abwechslungsreich macht, aber auch recht anstrengend zu fahren. In Feuchtwangen gönnten wir uns einen Kaffee und sahen ein Hochzeitspaar, das auf dem Frontlader eines Traktors vorbeigefahren wurde. Danach hatten wir Spaß an einigen Ortsnamen wie Oberlottermühle, Unterlottermühle, Wehlmäusel, Krapfenau, Sulzach und kamen so schließlich nach Dinkelsbühl.
Auch das eine sehr nette Stadt mit vielen gut hergerichteten alten Häusern und entsprechender Touristenfrequenz. Wir sahen uns um, setzten uns vor die beeindruckend große Georgskirche, gingen nacheinander hinein, sahen draußen den Leuten zu, holten uns nacheinander ein Eis – immer muss ja jemand bei den Rädern bleiben – und fuhren schließlich noch die letzten sechs Kilometer nach Mönchsroth, wo wir im Felsenkeller gebucht hatten.
Das Zimmer war gut, die Dusche perfekt, wir wuschen uns selbst und kleine Wäsche, Friederike spannte die Wäscheleine zwischen Balkonstühle, aus dem Garten unterhalb drang schon angeregtes Stimmengewirr, wir gingen hinunter, es war noch recht warm auf der Terrasse und wir bestellten zu essen. Für mich gabe es als selten genossene Spezialität ein Bio-Steak vom Charolais-Weiderind eines nahen Züchters. Gelegentlich drehte der Wind und wehte intensive ländliche Gerüche herbei, aber das tat unserem Appetit keinen Abbruch. Eher störte eine größere Gruppe, die offenbar in Vorbereitung der Konfirmation am Sonntag zusammengekommen war. Sie redeten laut miteinander und schließlich hielt die Pfarrersfrau eine Ansprache über den Verlauf der morgigen Feier, ein Mann gab im Ton des Lokalpolitikes seinen Senf dazu, so weit zu verstehen war, handelte es sich bei der Versammlung um jene, die bei dieser Gelegenheit ihr goldenes Konfirmationsjubiläum begehen sollten.
Langsam verabschiedeten sich die ersten, dann, nach einem letzten Briefing, auch die Pfarrersfrau, und es verblieb noch eine Weile ein harter und nicht weniger lauter Kern, vorübergehend glitten die Debatten ins Politische ab, wurden damit naturgemäß nicht leiser, aber schließlich zahlten alle, auch wir, und als wir in unserem Zimmer waren, wurde es alsbald auch unter unserem Balkon leise und Nachtruhe kehrte ein, bis auf das ferne Wummern der Musik vom Kirchweifest im Ort.
Im Übrigen haben wir heute die 900 Reisekilometer überschritten.