Am Münchner Hauptbahnhof eine Schar betrunken krakelender Jungmänner, alle in rosa T-Shirts mit der Aufschrift „Wer ist der Depp?“. Aus der anderen Richtung, ebenfalls biertraglschleppend, eine Gruppe in blauen T-Shirts mit „Wer ist der Idiot?“. Seltsam demente Liebesdementis zum Junggesellenabschied. Hoffentlich ist nicht in Wirklichkeit das Mädel die Idiotin. Aber vielleicht sind sie ja daheim lammfromm, die Kerle.
In Treuchtlingen umsteigen, dann noch eine gute halbe Stunde bis nach Ansbach. Runter Treppeppe, aufwärts Lift. Vom Bahnhof machten wir erstmal einen Abstecher in die Altstadt und gönnten uns einen feinen Kaffee. Dann auf die Räder und los. Die Türkenstraße, auf der wir die Stadt verlassen sollten, war schnell gefunden. Dann allerdings ein saudummer Fehler im Radlführer: Lechts und Rinks velwechsert und wir landeten erst auf einem frisch gesandeten Weg, in dem die Reifen tief einsanken, dann wurde es schlammig, schließlich sogar sumpfig, am Ende ging es glitschig steil im Wald bergauf, so dass die Hinterräder durchdrehten und wir schieben mussten. Radwanderer, kommst Du nach Ansbach und hast den Bikeline-Führer dabei, dann biege auf dem Weg nach Elpersdorf auf der Dombachstraße nicht nach einem Linksbogen links ab, sondern nimm die scharfe Rechtskurve in die Thomasstraße und dann gleich wieder links am Wald entlang. So meidest du den Teufelsgraben, der auch hier seinen Namen verdient. Memo an mich: nicht alles glauben, was im Führer steht!
Auf der Hochebene zwei Mädels mit drei unfolgsamen jungen Hunden. Wir standen hilflos mopsbeschnuppert da. Kurz etwas Verwirrung an lauter frisch gekiesten Staßen in verschiedene Richtungen. Rechts war richtig, denn so gelangten wir doch noch nach Elpersdorf und damit wieder auf den rechten Weg. Von dort unkompliziert weiter nach Herrieden.Dem Altmühlradwegweiser folgend durch einen engen Durchgang, über eine schmale Brücke und hinaus auf einen großen Parkplatz. An dessen entferntem Ende fahrendes Volk mit großen Wohnwagen. Blick zurück: der Torturm mit den Störchen. Die standen da hoch oben so majestätisch und bilderbuchstarr, dass wir sie zuerst für unecht hielten. Aber dann reckte sich einer und strich ab. Später auch der zweite.
Ein Mountainbiker, der uns die Landkarte studieren sah, ließ uns keine Wahl, als sein Geleit anzunehmen, führte uns zurück über die kleine Brücke, vor der Stadt nach rechts auf einen schmalen Weg am Bach entlang und raus aufs Land. So stands in keinem Buch, in keiner Karte und auf keinem Wegweiser, aber es passte. Danke unbekannter Radler! Bevor wir nach Roth gelangten, bog er grüßend ab.
Thann, Großenried, Mörlach. Blumenwiesen. Wo sie schon abgemäht waren, die Hinterlassenschaften der riesigen Güllefässer, die uns, gezogen von mächtigen Traktoren, schon mehrfach begegnet waren. Damit die Traktoren die schweren Fässer über die feuchten Wiesen ziehen können, müssen sie stark sein. Damit sie unter dem Gewicht ihrer Pferdestärken nicht in den feuchten Wiesen versinken, brauchen sie riesenbreite Reifen. Um das Gewicht der riesenbreiten Reifen mit über die feuchten Wiesen tragen zu können, brauchen sie ein paar mehr Pferdestärken. Jedes Jahr scheinen die Traktoren und die Fässer und die Reifen etwas zu wachsen. Wer hat den größten?
Mehrere Feldhasen, Lerchen in der Luft, tieffliegende Schwalben. Aha, tieffliegende Mücken. Im Südosten dunkle Wolken und bald erstes Gewittergrollen. Deshalb von Mörlach nach Ombau direkt, statt auf der Radlroute. Ombau vorgemerkt für eine Rückkehr morgen. Sieht verlockend aus. Über Gern dann zum Altmühlsee. Ungemähte bunte Feuchtwiesen im Vogelschutzgebiet. Wunderschön trotz beginnendem Regen. Am See linksrum oder rechtsrum? Keine vernünftigen Entscheidungsgründe, also dem fettesten Wegweiser nach. Haken nach links, an Muhr vorbei, Haken nach Rechts. Regenzeug raus. Strandbäder, Bootshäfen, Ausflugslokale, Minigolf, Angler unter riesigen dunkelgrünen Schirmen am Boden. Letzte Spaziergänger und Jogger.
In Gunzenhausen unter dem Regencape Smartphone raus. GPS und Google Maps zeigen uns den Weg zu der Wohnung, die wir benutzen dürfen. Schlüssel passt. Taschen runter von den Rädern, rauf in den ersten Stock. Kurz etwas ausgepackt, frisch gemacht und ausgeruht und ab in den empfohlenen Adlerbräu zum Abendessen. Gut gespeist, etwas lieblos der Salat. An entfernten Tischen weinseliges Lachen und Lärmen. Die Luft rauchfrei, so soll’s bleiben nach dem Volksentscheid. Süßherber Maibock zum Abendtrunk. Der erste Urlaubstag, schon ganz entspannt.