Morgens keine Eile. Kühl, windig, wolkig, ein paar Sonnenstrahlen. Am Marktplatz von Gunzenhausen die Gehsteige, die nachts um Elf schon hochgezogen waren, jetzt um Zehn noch nicht ganz wieder unten. Sonntag. Entner’s Selbstbedienungscafe lockte mit Frühstück. Fein Milchkaffee und süße Teilchen.
Dann raus in Richtung Altmühlsee. Wohlgeordnete Freizeitlandschaft, Radler rechts, Fußgänger links. Hier baden aber nicht surfen, hier segeln aber weder baden noch surfen. Hier surfen aber keinesfalls baden. Alles durch Gebote und Verbote geregelt. Sonnige Seelandschaft mit Wolkendramen am Himmel. Wind- und Drachensurfer nutzten die kräftig übers Wasser blasende Brise. Eine Familie, der Mann im Neoprenanzug, die Frau hält das Drachensegel, bis die Schnüre stimmen, das Kind sitzt gelangweilt am Boden. Komm, wir fahren an den See und schauen zu, was Papi Tolles kann.
An der Vogelinsel schnattert ein Kegelclub. Das Federvieh verbringt den Tag des Herrn in Deckung. Eigentlich ist diese künstliche Naturlandschaft schon beeindruckend. Wie komplex ein Biotop funtioniert, und wie schwer es ist, Natur zu bauen, macht eine Tafel unfreiwillig deutlich: Die Fische haben in ihrer Überzahl die Planktonkrebschen so sehr dezimiert, dass die mit den Algen nicht mehr fertig werden. Also wurden Hechte eingesetzt, um den Fischbestand zu reduzieren. Man fragt sich, was als nächstes kommt, wenn die Hechtpopulation aus dem Ruder läuft. Die Natur, alleingelassen, hätte Zeit und mit der Zeit auf alles eine Antwort. Aber der Mensch ist ungeduldig.
Auf das obere Seeende zu sieht die Landschaft etwas echter aus. Weite naturbelassene Wiesen, kaum Bäume als Ansitz für Greifvögel, also ideal für Wiesenbrüter. Steht auf einer Tafel. Dazu weitere Erklärungen, die zeigen, wie spezialisiert die Vögel für jeweils eine kleine Ökonische sind. Einer kann mit seinem langen Schnabel tief im Boden nach Insekten stochern, aber nur, wenn der Boden feucht bleibt und nicht hart wird. Kulturlandschaft ist viel zu gleichförmig, um allen Lebewesen ihren Platz zu bieten.
Wir fuhren weiter nach Ornbau. Beim Vorbeiradeln gestern schien der Ort uns einen Ausflug zu lohnen. Die alte Brücke, Torturm und Kirche sind mehr als ein Foto wert. Aber im Ort gibt es dann nicht mehr viel zu sehen. Die Kirche scheint von hinten eine moderne Erweiterung erlitten zu haben. Einen Bau wie eine Feuerwehrgarage. Leider gab es auch kein Lokal, in das wir uns beim aufkommenden Regen hätten setzen können.
In dieser offenen Landschaft sieht man das Wetter schon von weitem. Dunkle Wolken mit Regenschleiern in der Ferne, dann wieder sonniger Himmel. Ein paar mal kräftiger Wind. Auf dem Rückweg nahmen wir den Weg am Südufer des Sees. Wegelagernde Familienverbände von Graugänsen mit Küken verschiedenen Alters. Im Wasser eine Entenfamilie in gerader Linie hintereinander. Die Kleinen mussten kräftig paddeln und hüpften auf den Wellen wie die Bällchen. Das Wasser war jetzt unruhig, kräftiger Wind kam auf und brachte pfeilschnelle Surfer vom anderen Ufer herüber. Die meisten fielen beim Wenden ins Wasser. Die echten Könner kreuzten gleich wieder souverän gegen den Wind zurück. In Gunzenhausen kehrten wir diesmal im Cafe Schmid ein. Gut besucht von Regenflüchtern. Auch hier Selbstbedienung.
Danach sah das Wetter wieder besser aus. Wir machten uns auf zum Brombachsee. Über Frickenfelden hinaus, am Westufer entlang, bei Absberg riesige leere Parkplätze am verwaisten Badegelände. Wir drehten eine Runde um den kleinen Brombachsee, fuhren am Deich zwischen großem und kleinem See entlang und dann am Südufer zurück nach Hühnermühle, wo man schön einsam am Altmühl-Überleiter entlang fahren kann, der das Wasser vom Altmühl- in den Brombachsee bringt. Am Ende des kleinen Tals etwas bergauf und oben weiter, während das Wasser unten durch einen Stollen geflossen kommt. Wo der Kanal auch hier wieder offen ist, suchten wir uns seitwärts den Weg durch die Vorstadt bis zur Wohnung.
Abendessen gab es wieder gutbürgerlich im Adlerbräu. Draußen verkündet eine Tafel, dass hier Anno 1805 Erzherzog Ferdinand von Österreich nach der Kapitulation bei Ulm auch gerne etwas gegessen hätte, aber der anrückende Franzosenmarschall Murat vertrieb ihn vom Tisch und ließ es sich selber schmecken. Uns machte niemand unser Essen streitig. Sind ja auch zivilisierte bürgerliche Zeiten heute.