Frankreich 2012 – 11 – Terrasson-Lavilledieu – Meyssac

Nach dem Frühstück am für uns gedeckten Familientisch, mit selbstgemachten Marmeladen als besonderer Spezialität, nahmen wir wieder die lange Hauptstrasse nach Terrasson. Das Touristenbüro dort händigte zwar bereitwillig jede Menge bunter Prospekte aus, aber mögliche Unterkünfte für die kommende Nacht konnten wir darin nicht finden.

Brunnen an der Kirche in TerrassonSo fuhren wir zunächst hinauf in die Altstadt, besichtigten die frisch renovierte Kirche und packten dann im Schatten einiger Bäume nochmal den Computer aus, um mittels Landkarte und Navigations-Software alternative Tagesetappen zu erkunden. Meyssac war ein denkbares Ziel und anhand unseres Hotelverzeichnisses konnten wir dort auch telefonisch ein Zimmer vorbestellen. Damit war eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen des Tages gegeben. Im Gegensatz zum Vortag hatten wir ein sicheres Ziel und konnten uns Zeit lassen, es zu erreichen.

Mit solchen Aussichten fiel auch der Anstieg nicht so schwer, dessen erstes Stück durch die Randbezirke der Altstadt so steil war, dass wir es vorzogen, zu schieben. Oben ging es dann meist weiter bergan, aber auf schönen ruhigen Straßen, oft auch im Schatten von Bäumen. Lange Zeit passierten wir immer wieder neu gebaute Häuser, die hier weit von aller Zivilisation errichtet worden waren. Wer hier wohnt, nimmt weite Wege zur Arbeit, zur Schule, für Besorgungen in Kauf. Vielfach boten Tafeln weitere Areale entlang der Straße zum Kauf an.
Meist standen da typische moderne Einfamilienhäuser, ebenerdig mit Doppelgarage, kargen planierten Gärten, selten ein kleiner Baum, manchmal Plastik-Spielgeräte für die Kinder, fast immer aber, egal ob es sonst eine Einfriedung gab, und ob sie, wenn ja, aus einer Mauer bestand, einer Hecke, einem ordentlichen oder einem schäbigen Zaun, fast immer gab es einen Torbereich mit links und rechts einem Stückchen ordentlicher Mauer, die Einfahrt eingefasst von zwei Säulen, darauf meist wenigstens steinerne Kugeln oder, je nach Geschmack, auch Löwen, Greifvögel mit gespreizten Schwingen, Rösser, Pudel, Löwen, ja, auch Rehfiguren.

Wir sahen auch landwirtschaftliche Anwesen und kamen durch kleine Ortschaften. In Chavagnac fanden wir einen kleinen Lebensmittelladen, in dem wir Brot, Käse, Tomaten, Obst und sehr viel Mineralwasser kaufen konnten. Gleich um die Ecke, hinter der Kirche, gab es einen Picknickplatz mit Tischen und Bänken, wo wir uns zum Essen niederließen.

Bei nochmaligem Betrachten unseres Routenplans ergab sich von hier aus eine noch günstigere Variante. Also holte ich nochmal das Netbook heraus und speicherte die geänderte Route erneut ins Navigationsgerät. Zu Zeiten wo es nur die gute alte papierene Landkarte gab, konnten wir zwar auch reisen, aber so lassen sich schöne Routen mit optimiertem Höhenverlauf planen und fahren. Spontane Änderungen sind auch kein Problem.

Haus in LandschaftWenn auch mit elektronischer Hilfe geplant, müssen die Wege anschließend mit reiner Muskelkraft gefahren werden, und nachdem wir insgesamt große Höhen zu überwinden hatten, kamen wir in der Hitze des frühen Nachmittags ganz schön ins Schwitzen, tranken große Mengen Wasser und legten immer wieder kleine Pausen ein.

Collonges-La-RougeNach einem letzten langgezogenen Anstieg auf einem kleinen Sträßchen kamen wir schließlich auf eine größere Straße, die uns zügig bergab brachte. Vor Collonges-La-Rouge hielten wir mehrmals an, um die Silhouette der Stadt anzuschauen, die ihren Namen nach dem roten Sandstein der Gegend hat, aus dem sie erbaut ist. Im Näherkommen sahen wir, dass auch hier ein Touristennest mit allem Zubehör an Souvenirläden und Sightseeing-Bähnchen entstanden war. Nur wenig weiter hatten wir, wie geplant um 19 Uhr, unser Tagesziel, Meyssac, erreicht. Von dem gebuchten Hotel wurden wir über die Straße zu einer Familie begleitet, wo wir sehr angenehm in einem Gästezimmer mit eigenem Bad unterkamen. „La Dame Blanche“ ist der Name.

Blick aus dem ZimmerfensterAuf besondere Empfehlung unserer Gastgeberin gingen wir zum Abendessen in L‘Assiette Meyssacoise. Auf dem Weg sahen wir schon allerlei  Buden und Aufbauten für ein abendliches Fest. Dieses hatte offenbar auch dem Lokal einen Ansturm beschert, den es kaum bewältigen konnte. Alles dauerte sehr lang und aus der Küche hörte man heftigen Streit. Der Qualität des Essens tat das weiter keinen Abbruch. Nur die Potage du Jour war ein wenig versalzen.

Auf dem Rückweg fanden wir dann extrem laute und nicht sehr gute Rockmusik in einem Hof, darunter die längste Version von „House of the Rising Sun“, die ich je gehört hatte – mit französischem Text. Überall auf den Straßen gab es Autoscooter, Glücksbuden, Kraft- und Geschicklichkeitsspiele, Verkaufsstände für Barbapapa und andere Süßigkeiten. An den meisten Fahrgeschäften war kaum etwas los, viele Gondeln fuhren leer. An einem Kinderkarussell überraschte uns ein bunter Panzer. In einem Land, dessen Bewusstsein der eigenen Geschichte nur zu Recht geführte Kriege kennt, ist die Sichtweise anders, als in Deutschland. Dennoch passt ein Panzer wegen seines Gewalt-Charakters nicht wirklich auf ein Kinderkarussell.

Kinderkarussell mit PanzerEine Weile schlenderten wir noch umher, dann gewann die Müdigkeit nach dem anstrengenden heißen Tag die Oberhand und wir gingen in unser Zimmer.

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