Von der nächtlichen Festmusik haben wir in unserem Zimmer nichts gehört, obwohl wir wegen der Hitze die Tür zum Innenhof geöffnet hatten. Nur ein heftiger Streit zwischen mehreren Leuten irgendwo auf der Straße holte uns einmal kurz aus dem Schlaf. Das Frühstück gab es auch hier im Hauptraum des Hauses. Wir fragten, ob wir noch eine Nacht bleiben könnten, denn die Feierlichkeiten sollten mit abwechslungsreichem Programm das ganze Wochenende lang dauern und das hätte uns interessiert. Aber leider waren die Zimmer schon für Musiker reserviert, die bei dem Fest auftreten sollten.
Die Wirtin wollte uns nicht einfach so ins Ungewisse ziehen lassen und telefonierte überall in der Gegend herum, ob jemand ein Zimmer für uns hätte. Derweil kam auch die uralte Großmutter zum Frühstückstisch, dann die Mutter. Sie machte uns mit einer kleinen Plüsch-Eule bekannt, welche ihrerseits die Namensgeberin des Hauses, La Dame Blanche, repräsentierte, eine Eule, die man samt ihrer seit Generationen ortsansässigen Großfamilie bisweilen nachts fauchen höre.
Die jüngste der Frauen ließ nicht locker, bemühte für uns persönliche Kontakte und das Internet und fand so schließlich in der Tat noch ein Zimmer am geplanten nächsten Zielort unserer Reise, Argentat.
So machten wir uns auf den Weg, und begannen mit einer kleinen Rundfahrt durch den Ort, um erstens Wasser, Obst und Käse zu besorgen und zweitens wenigstens noch etwas von der angekündigten Tierschau zu sehen. Da gab es Pferde und Esel in Boxen und in langer Reihe standen goldbraune Kühe auf Streu, angebunden mit dem Hintern zur Straße und ließen sich besichtigen.
Wir stiegen nach dieser kleinen Ortsrunde ohne Hast aus dem Tal auf und fuhren lange Zeit mit weiten Ausblicken ins Land auf ruhigen Straßen dahin. Schließlich fiel die Route steil ab und wir gelangten in schneller Fahrt durch ein Seitental nach Beaulieu an der Dordogne.
Wir fanden eine schattige Bank direkt am Fluss, wo wir Brotzeit machen und den Kanufahrern zusehen konnten, die sich auf der Dordogne tummelten. Am gegenüberliegenden Ufer war etwas Badebetrieb. Ein alter Kahn, der eine Weile still auf dem Fluss gelegen hatte, nahm Passagiere zu einer Rundfahrt auf, die, bunte Sonnenschirme über sich haltend, den Erklärungen einer Führerin lauschten. Im Ort gönnten wir uns noch einen Kaffee, bevor wir zum zweiten Teil der Tagesetappe starteten. Der führte uns auf einer stillen Straße am Fluss entlang, in leichten Wellen, aber ohne besondere Steigungen und häufig auch unter Schatten spendenden Bäumen. Auch dieser Tag war, wie der vorherige, außerordentlich heiß, aber in Flußnähe gab es bisweilen angenehm kühle Stellen. So hatten wir uns „Radfahren an der Dordogne“ eigentlich vorgestellt.
Auf den Wiesen weideten überall Rinder jener Rasse, die wir auch bei der Schau am Morgen gesehen hatten. Gegen Abend entdeckten wir auf einer Weide etwas entfernt ein sehr kleines Kalb. Durch das Teleobjektiv konnten wir sehen, dass es in der Tat ganz neu geboren und sein Fell noch nass war. Es stand auf wackeligen Beinen und schien noch nicht recht zu wissen, wo genau an seiner Mutter das Euter zu finden wäre. Die Kuh befasste sich indessen ausgiebig mit ihrer Nachgeburt, die im Gras lag. Kühe pflegen diese nach der Kalbung aufzufressen. Bald würde das Kalb die prall gefüllten Zitzen finden. Ganz ohne Handbuch und Anleitung. In der Nähe lagen noch einige ganz kleine Kälber in der Spätnachmittagssonne. Die Kühe grasten friedlich in der Nähe.
Unser Ziel, La Croix Verte in Argentat, fanden wir mit Hilfe des schon am Morgen programmierten Navi ganz leicht. Wir wurden sehr freundlich vom Hausherrn empfangen und fanden ein sehr großes Zimmer mit Bad, alles sehr liebevoll mit vielen angenehmen und nützlichen Kleinigkeiten eingerichtet. Es gab jede Menge verschiedene Seifen und Lotionen, reichlich Kleiderbügel und eine Menge charmanten Kleinkram sowie eine Kiste mit Teddies und anderen Stofftieren. Auch die Dame des Hauses, eine gebürtige Engländerin, lernten wir kennen. Auf Empfehlung unserer Gastgeber speisten wir sehr angenehm im Hotel Fouillade. Der uns bedienende Kellner war noch in der Ausbildung und etwas unbeholfen, aber recht charmant. Da starker Wind aufkam und an allen Seiten dunkle Wolken heranzogen, wurden wir am Ende etwas ungeduldig, aber wir kamen trocken zurück und bis zum Einschlafen stellte sich keinerlei Regen mehr ein.