Der abendliche Raki hat mich sehr gut schlafen lassen. Bis zum Frühstück hatten wir schon alles gepackt und um Neun standen wir bereit zur Abfahrt. Recht pünktlich kam auch ein älterer Herr, der unser Busfahrer zu sein schien. Er stand etwas unschlüssig herum, fragte den Portier, der natürlich von nichts wusste und fiel schließlich mir auf.
Wir verstauten unser Gepäck hinten in seinem Kleinbus und nahmen Platz. An einer breiten Ausfallstraße warteten wir eine ganze Weile auf einen weiteren älteren Mann, der neben dem Fahrer Platz nahm. Der hatte inzwischen freundlicher Weise das Bordfernsehen für uns aktiviert, so dass wir die kurdische Schnulzenmusik in Ton und Bild genießen konnten. So ging es hinaus in die weite, von großen Felsbrocken übersäte Ebene.
Stellenweise waren die Steine zu Linien und Haufen zusammengetragen, manchmal lagen sie dicht an dicht auf weiter Fläche. Stellenweise weideten dazwischen Schafe und Rinder, wie stets hier begleitet von Hirten, die aber nicht verhinderten, dass die Tiere neben oder auch auf der Fahrbahn heumliefen. Wir fuhren auf der gut ausgebauten Straße mit gut 90 km/h dahin. Nebel war aufgekommen.
Das Land wurde wieder hügeliger, dann auch grüner. Es gab Ackerbau und einzelne ungeordnet wirkende Ansiedlungen aus verstreut liegenden Häusern und Hütten. In Siverek dann wieder Hochhäuser. Am Ortsrand eine kurze Polizeikontrolle. In der Stadt auffallend viele Männer in traditionellen weiten Beinkleidern und karierten Kopftüchern. Jenseits der Stadt vereinzelt Zeltsiedlungen, wir wissen nicht, ob von Nomaden oder syrischen Flüchtlingen. Eine Schafherde überquerte in langer Reihe die Straße. Wir warteten.
Dann, tief eingeschnitten, das Tal des Euphrat, der hier zu einem riesigen langen See, dem Atatürk-Stausee, aufgestaut wird. Eine große Hängebrücke ist gerade im Bau. Wir konnten das Flackern der Schweißgeräte in luftiger Höhe sehen, während wir auf die Fähre warteten. In einer provisorisch wirkenden Hütte gab es Getränke. Vor der Hütte für uns und die Männer, hinten in einem eher finster wirkenden Verschlag für einige verschleierte Frauen.
An der ersten Überfahrt konnten wir noch nicht teilnehmen, weil das Schiff schon voll war. Auf der anderen Seite dann hügelige Landschaft mit Büschen und Bäumen. Die Straße wurde nun schmaler und kurviger und ging mal auf, mal ab. Wir erreichten das Gebiet des Berges Nemrut, den wir erklimmen wollten.
Dann wurde es wirklich gebirgig. An einer Schranke mussten wir Eintritt zahlen, dann ging es kurvig und rüttend auf Pflaster weiter bergan. Je höher wir kamen, umso nebeliger wurde es leider. Als wir oben am Gipfel ankamen, konnte man nur noch hundert Meter weit sehen. Unverdrossen stiegen wir dennoch hinauf zum Grabmal des Antiochos I. in 2100 Metern Höhe. Die riesigen antiken Steinköpfe dort bekamen durch den Dunst sogar eine ganz spezielle Magie. Während unseres Abstiegs rissen dann für Momente die Wolken auf und gaben stellenweise den Blick auf das berühmte Panorama mit dem langgezogen mäandernden Stausee frei. Während wir uns im Teehaus etwas aufwärmten, wurde es klarer und als wir die Serpentinenstraße wieder hinunter fuhren, kam die Sonne durch.
Auf dem Weg durch kleine Dörfer sahen wir Kinder, die in steilem Gelände auf Eseln reitend Schafe hüteten. Eine Ziegenherde wurde die Straße entlang getrieben.
So gelangten wir schließlich zu den Ruinen von Arsameia, wo wir nicht alleine waren, denn es gab noch eine Gruppe österreichischer Touristen mit Führerin, die auf dem Berg herumkletterten. Wir besichtigten die alten Reliefs, guckten in die Höhlen und genossen bei strahlendem Sonnenschein den Ausblick ins Land.
Nächstes Etappenziel war eine sehr gut erhaltene altrömische Brücke über den Fluss Cendere, die wir im warmen Spätnachmittagslicht schön fotografieren konnten.
Dann ging es wieder hinaus in die Ebene zu unserem Tagesziel Adiyaman. Wir logierten komfortabel aber preiswert im „Grand Hotel Iskander“. Anna und Sarah fanden sich in einer großzügigen Suite wieder und gingen erst nochmal fragen, ob man ihnen vielleicht den falschen Schlüssel gegeben habe. Nein, alles hatte seine Richtigkeit und wir hatten einen Raum für den abendlichen Umtrunk.
Vorher machten wir noch einen Rundgang durch die nicht weiter erwähnenswerte Innenstadt und fanden vorzügliches Essen in einem Lokal namens Karawanserei. Allerdings war der Kellner so beflissen und stolz auf seine Englischkenntnisse, dass er uns mit stets neuen Freundlichkeiten und Angeboten andauernd beim Essen störte, bis wir ganz nervös waren.
Die Suite von Anna und Sarah war zum Schluss der passende Platz für den Ausklang.