Nach Frühstück, Packen und Abschied führte unser Weg zunächst zur Bank beim Bahnhof, um unsere Barvorräte aufzufüllen. Unterwegs hatten wir Gelegenheit, einige gefährliche Unzulänglichkeiten an den würzburger Radwegen und der Wegweisung festzustellen. Manchmal wäre es besser, es gäbe keinen gesonderten Radweg, als einen, der abrupt an einer Gefahrenstelle oder in einer Trambahnfurt endet. Aber wir meisterten alle Hürden und kamen dann recht flott flussaufwärts auf dem Mainradweg voran. An den Talhängen die gleichmäßigen Reihen der Weinstöcke.
So gelangten wir nach Ochsenfurt und machten eine kurze Runde durch die hübsche, von Fachwerkhäusern bestimmte Stadt.
Ab da setzten wir unseren Weg auf dem Gaubahnradweg fort. Der führte uns bei gelegentlichen Gefällen insgesamt sanft aufwärts. Auf den Höhen sahen wir rundum immer wieder Windräder, die sich fleißig im kräftigen Wind drehten. Der half uns manchmal voran, manchmal blies er uns von der Seite an und gelegentlich kam er entgegen. Bei Seitenwind freuten wir uns über die Hecken, die vielfach den Weg säumten und uns Deckung gaben.
Nur kurze Zeit dauerten ein paar Nieselschauer, meistens war es trocken, wenn auch die Sonne fehlte. Auf den nassen Wegen gab es zahlreiche Schnecken, so dass wir Acht geben mussten, sie nicht zu überfahren. Außer den großen Weinbergschnecken gab es immer wieder auch Ansammlungen von Nacktschnecken. Ihre Angewohnheit, tote Artgenossen zu kannibalisieren, bringt es mit sich, dass sie sich auf Straßen und Radwegen um überfahrene Exemplare scharen, wodurch sie dann selbst leicht zum Opfer eines nachfolgenden Fahrzeugs werden, so dass unappetitliche Häufungen entstehen.
Vor Biberehren ging es zügig bergab, ehe wir auf den Radweg „Liebliches Taubertal“ wechselten. Der hält sich nicht eng an den Flusslauf, sondern steigt immer wieder hoch über den Fluss an, um dann in flotten Abfahrten zu ihm zurückzukehren. Das gewährt in dem wahrhaftig lieblichen Tal sehr schöne Ausblicke, ist aber auch recht anstrengend, selbst wenn die Steigungen meist nicht sehr steil und deshalb zügig zu fahren waren.
Vor Rothenburg trafen wir auf seltsame Wegsperrungen und Umleitungen und gerieten schließlich in den Trubel des alljährlichen Taubertal-Festivals, das voll im Gange war. Das Tal dröhnte von Musik und ein ungeschlachter Wachposten wies uns talwärts, statt weiter auf der Straße bergauf, so dass wir schließlich auf einen steilen Pfad gerieten, auf dem wir mühsam aufwärts schoben, während uns abwärts kommende Festivalbsucher zuerst Mut zusprachen und mit zunehmender Höhe ein baldiges Ende unserer Mühen in Aussicht stellten.
Immerhin gelangten wir so in die Burg und die Altstadt, welche die internationale Bekanntheit des Ortes durchaus rechtfertigen, wobei wir anscheinend den Vorteil hatten, dass die meisten Touristen den Ort um diese Abendzeit schon wieder verlassen zu haben schienen oder sich dem Festival unten im Tal zugewandt hatten, so dass die Straßen und Plätze der Stadt nur mäßig bevölkert waren. Wir blieben häufig stehen, um zu schauen und zu fotografieren und kamen, abwärts fahrend, schließlich zum Hotel Rothenburger Hof, wo wir gebucht hatten.
Wir richteten uns ein, machten uns frisch und gingen dann in die nahe Post zum Abendessen. Dort war an vielen Tischen Schachspiel im Gang, aber wir fanden Platz und das Essen war in Ordnung. Nur neben uns saßen drei Motorradler, die sich über vergangene und mögliche zukünftige Touren unterhielten und über Probleme in einer ihrer Reisegruppen. Eine Frau beherrschte das Gespräch der drei mit durchdringener Stimme und lautstarkem Ausbreiten ihres Ärgers über andere, abwesende Gruppenmitglieder und wiederholte sich dabei so oft, dass ich beim Verlassen des Lokals nach zwei Stunden das Gefühl hatte, soeben nolens volens ihren begrenzten Wortschatz auswendig gelernt zu haben. Etwas gerädert vom unfreiwilligen Zuhören gingen wir zurück ins Hotel.
Wir hatten auf dieser Reise bisher nur ein Hotel ohne Fernseher. Sein Vorhandensein ist in den Hotelbeschreibungen immer an vorderer Stelle angegeben, fließt, ebenso wie die Verfügbarkeit eines eigenen Bades und einer eigenen Toilette, maßgeblich in die Bewertungen ein, die wir lesen und in die Zahl der Sterne, die einem Haus zugebilligt werden. Wir haben diese Fernseher auch auf dieser Reise noch nie benutzt und ich wüsste nicht, wann mir langweilig genug wäre, es zu tun. Meistens stecke ich das TV-Gerät aus, um die Steckdose anderweitig zu benutzen.