Weder vom Glockengeläut noch von Enten oder Gänsen geweckt, konnten wir gut ausschlafen in der Krone. Als wir uns frisch gemacht hatten, war auch das Federvieh von gegenüber wach und begehrte hinter der kleinen Gittertür des Stalls schnatternd seine Freilassung. Eine Frau erschien und öffnete wieder per Seilzug die Tür, alle stürzten schnatternd heraus und steckten gemeinsam mit wackelndem Bürzel ihre Köpfe in einen bereit stehenden Futternapf. Nach einer Weile lösten sich die ersten, watschelten die Stufen zum Wasser hinab und schwammen quakend herum. Wir gingen zum Frühstück. Das war gediegen, wie alles sonst in dem Haus. Wir zahlten, sprachen unser Lob aus, das erfreut entgegen genommen wurde, dann packten wir, beluden unsere Räder und fuhren ab. Das Wetter verprach warm zu werden, ein Tag für kurze Radlerhosen.
Unser Weg folgte zunächst weiter dem Kocher, ab Unterrot dann flussaufwärts der Rot. Nun waren wir auf der Stromberg-Murrtal-Route. Wir fuhren zunächst meist auf straßenbegleitenden Radwegen. Es herrschte reger Freizeitverkehr von Cabrios, PKW, Motorrädern, sogar einer Parade älterer Traktoren und natürlich auch Radlern, selten auf langer, meist eher auf kürzerer Tour, vielfach mit Elektromotor.
In langem aber gut zu fahrenden Anstieg verließen wir bald wieder das Tal der Rot und wechselten, abwärts fahrend, in das der Murr. Wie schon am Vortag führte der Weg bisweilen durch Gewerbegebiete, nicht immer war der Beschilderung klar zu entnehmen, um welche Radroute es sich jeweils handelte, aber mit dem GPX-Track im Navi war der richtige Weg immer leicht zu finden.
Es gab noch einige kräftige Steigungen, eine davon erzwungen durch die Sperrung einer Brücke, auf der auch am Sonntag gearbeitet wurde. Dafür konnte man von oben auf die Landschaft schauen, auf deren Höhen immer wieder Burgen zu entdecken waren.
In Zell, bei Oppenweiler, machten wir Pause in einem kleinen Pavillon, in dem noch Reste einer minimalistischen WM-Dekoration hingen. Auf dem Becken des dazugehörigen Trinkwasserbrunnens stand „Dorferneuerung Zell“. In der Nähe musste wohl ein Kind mit dem Fahrrad verunglückt sein, denn wir sahen einen Krankenwagen und daneben ein kleines Rad und einen Rucksack. An unserem Rastplatz bog der Wagen später in eine Gasse der Siedlung ein. Vielleicht wurde das Kind nach Hause gebracht. Wir passierten Backnang, auch das einer der oft gehörten Ortsnamen, die uns nun, auf dieser Reise begegnen.
Da wir in diesen Tagen oft in Flusstälern fahren, kommen wir oft auch an Kläranlagen vorbei. Flussabwärts kündigen sie sich oft durch intensiven Geruch von Waschmittelparfüm an, der einen, etwas frischer, oft auch auf dem Weg durch Siedlungen begleitet, wenn gewaschen wird.
Gegenüber der Ortschaft Birkhau wurde der Weg dann recht schmal und ein Ehepaar mit E-Bikes warnte uns vor der Weiterfahrt, weil es steil und steinig würde. Die Alternative wäre ein weiter Umweg über einen Berg gewesen, also versuchten wir unser Glück. Wir mussten in der Tat ein steiniges Stück aufwärts schieben und dann einen steilen Trampelpfad abwärts fahren, beides nicht sehr schlimm, aber doch nicht ganz das, was man auf einer offiziellen Route des Baden-Württembergischen Radwegenetzes erwartet.
In Murr an der Murr wechselten wir auf den Alb-Neckar-Radweg, suchten am Rande von Großbottwar einen Biergarten auf, weil wir noch reichlich Zeit hatten und fuhren dann im Tal der Bottwar bis nach Oberstenfeld, wo wir im Gasthof Orakel ein Zimmer gebucht hatten. Der Name des Hauses verweist auf die griechische Betriebsführung, wie überhaupt die Gastronomie des Ortes fest in den Händen von Migranten ist und auch viele Häuser von türkischen Familien bewohnt sind.
Wir waren etwas früh dran und setzten die uns in den Biergarten, bis Hotel und Restaurant um 17:30 Uhr öffneten. Langsam erschien auch, etwas genervt und lustlos wirkend, das Personal und legte die Stuhlkissen im Garten aus. Etwas vor der Zeit wurden dann auch wir eingelassen und bekamen unser Zimmer.
Auf einem kleinen Rundgang durch das Städtchen mit vielen netten Fachwerkhäusern fanden wir keine weiteren für uns interessanten Lokale und kehrten schließlich bei unserem Griechen ein. Das Essen war in Ordnung und zum Schluss spendierte der Wirt uns noch einen Ouzo und erzählte über Nutzen und Übel von Online-Hotelbuchungsportalen.