Geschlafen hatten wir im Nebengebäude, das noch ein wenig DDR-Flair atmete, Frühstück gab es im Herrenhaus, wo wir am Vorabend auch unser Abendbier genossen hatten. An einer Wand in der Lobby hingen Pläne zur maximalen Ausnutzung des Grundstücks, auf denen das alte Haupthaus zwischen einem Hotelblock und drei Villen eingeklemmt werden sollte. Ein Investorentraum. Hoffentlich nicht mehr.
Unser erstes Fahrtziel war ein Rewe-Markt, um Proviant zu kaufen. Zwei Pferdewagen mit je etwa einem Dutzend Leuten darauf zogen vorüber und eine lange Autoschlange hinter sich her, an der wir auf dem Gehsteig vorbeifuhren. Die Trennung der Wege von Fußgängern und Radfahrern wird hier nicht so genau genommen, wie anderswo. Oft ist gemeinsame Nutzung ausgeschildert, manchmal sind beide Bereiche in der Farbe des Pflasters getrennt, aber die Grenze wird als fließend betrachtet und auch Gegenverkehr auf der „falschen“ Seite stört nicht. Das mag auch damit zu tun haben dass so gut wie alle Ortsstraßen grob gepflastert und deshalb für Radfahrer sehr unangenehm sind. Irgendwo im Wald fanden wir heute auch eine Pflasterstraße für den Wirtschaftsverkehr und parallel dazu einen asphaltierten Radweg. Über die Tradition der gepflasterten Straßen in Deutschlands Nordosten möge mich einmal jemand aufklären. Die Radwege der letzten Tage waren erfreulicherweise meist asphaltiert, aber da gibt es schon die ganze Reise über das Phänomen, dass der Belag sehr oft quer zur Fahrtrichtung verlaufende Erhebungen und Aufbrüche aufweist, die oft überraschendes, lästiges manchmal auch schmerzhaftes Holpern verursachen. Auf der vorhergehenden Etappe waren diese Stellen über lange Strecken mit Farbe markiert. Wohl weniger, um sie zur Reparatur zu markieren, als zur Warnung für die Radler. Baumwurzeln kommen als Erklärung nur zum Teil in Frage, weil das Phänomen auch an Stellen auftritt, wo außer hölzernen Leitungsmasten keinerlei Bäume sind. Auch das ließe ich mir gerne erklären. Inner- und außerorts sind lange Radwegstrecken mit verzahntem Betonpflaster belegt. In diesen Bereichen treten die Verwerfungen nur selten auf.
Der Weg war auch heute unter rein pragmatischen Gesichtspunkten ein Umweg und wand sich zwischen Spree, Oder-Spree-Kanal und Seen dahin. Wir schauten die Kersdorfer Kanalschleuse an, machten in Fürstenwalde Rast neben dem Dom, der nach den Kriegszerstörungen äußerlich originalgemäß und innen modernisiert wieder aufgebaut worden war. Ein paar Ecken weiter tranken wir unseren Nachmittagskaffee.
Wir hatten es nicht sehr eilig, denn die Strecke war kürzer, als an den letzten Tagen und bot keinerlei Schwierigkeiten. Dennoch kamen wir schon um etwa 16 Uhr in Spreenhagen an und bezogen unser Zimmer. Wir duschten, machten es uns gemütlich und liefen vor dem Abendessen noch einmal auf und ab durch den Ort, sahen die Kirche, vor deren Eingängen das Gras selten niedergetreten zu werden scheint, das „Amt“ mit ein paar Sitzbänken davor, auf denen Hochzeitsgesellschaften oder Bittsteller warten können, in der Grünfläche dahinter eine beeindruckend alte Linde und am anderen Ende unseres Weges eine Reitschule, wo gerade eine Gruppe von Freizeitreiter*innen in Kreisformation übte. Es war von außen nicht zu erkennen, ob die Schüler*innen die Kommandos der Lehrerin an die Pferde weitergaben, oder ob diese selbst den Ablauf schon kannten und direkt reagierten.
Im Restaurant unseres Hotels war „Schnitzeltag“, auch panierter Kabeljau stand auf der Liste, und so speisten wir recht gut und waren zufrieden. Das letzte Bier nahmen wir, wie öfter in diesen Tagen, mit aufs Zimmer und ließen da lesend und schreibend den Tag ausklingen.