Pretzien – Bertingen (24.08.11 – 76 km)

Der Hahn in Pretzien war schon etwas heiser, aber er hat uns dennoch zuverlässig geweckt. Auch die Gänse hinter dem Nachbarhaus waren schon bald munter. Aber der Himmel war tiefgrau und der Wetterbericht wusste von durchziehenden Gewittern den ganzen Tag. Wir nahmen unser Frühstück ein, verpackten alles regendicht, beluden unsere Fahrräder und verließen die nette Pension Am Storchennest. Der Himmel blieb trocken. Zunächst galt unsere Neugier dem Pretziener Wehr. Auf Schautafeln lernten wir einiges über seine Geschichte, seine Funktionsweise und die Hochwasserableitung, zu der es dient. Eigentlich ist die ganze Landschaft, durch die wir seit Tagen radeln, bestimmt durch  den Hochwasserschutz entlang der durch das Schwemmland mäandernden Elbe. Meist fahren wir auf oder entlang von Deichen, auf der einen Seite Überflutungsgebiet, auf der anderen Land, das vor Überflutung geschützt werden soll. Das Wehr war geschlossen und so konnten wir in seinem Schutz das Bett der „Alten Elbe“ durchfahren, der wir dann in einem weiten Bogen folgten. Wir kamen nach Ranies und Grünewalde, fuhren mal ganz nah an der Elbe, mal weit entfernt in den Auen und gelangten so schließlich nach Magdeburg.

MagdeburgDas Entrée war prächtig. Nachdem wir die Elbe mit Blick auf den Dom überquert hatten, fuhren wir zwischen bestens hergerichteten Häusern der Gründerzeit in die Stadt. Am Sitz des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt war allerdings Schluss, denn schwerbewaffnete Polizei belagerte die Straße und wir wurden aufgefordert, die Straßenseite zu wechseln. Von Schaulustigen erfuhren wir, dass die Bundeskanzlerin gerade in der Stadt sei. Auch der Dom war weiträumig abgeriegelt, ein Besuch an diesem Tag nicht möglich, wie uns eine Polizistin beschied. Angela Merkel sollte im Dom den Kaiser-Otto-Preis für ihre Verdienste um die europäische Einigung mit Blick auf Osteuropa erhalten. Und wenn die Kanzlerin einer demokratisch verfassten Republik in einem Gotteshaus unter dem Namen eines mittelalterlichen Kaisers geehrt wird, kann das Volk schon einmal für einen Tag draußen bleiben. Magdeburg kann nichts dafür, aber wir waren verärgert. Bei der Grünen Zitadelle, einem Hundertwasser-Bau, setzten wir uns noch in ein Café, dann überquerten wir wieder die Elbe und verließen die polizeibelagerte Stadt.

Grüne Zitadelle (Hundertwasser-Haus) MagdeburgBei weiterhin trockenem und inzwischen ziemlich heißem Wetter ging es weiter durch die Flusslandschaft des Biosphärenreservats Mittelelbe. Bei Hohenwarthe sahen wir das Wasserstraßenkreuz Magdeburg, wo eine Trogbrücke hoch über der Elbe die Verbindung zwischen dem Mittellandkanal und dem Elbe-Havel-Kanal bildet. Wir fuhren eine Weile am oberen Kanal entlang und verließen ihn wieder an einer riesigen Schleuse, in der die Schiffe bis zu 19 Meter hoch gehoben werden. Bei Rogätz nahmen wir die Fähre, etwas flußabwärts begann eine Seenlandschaft von Altwassern, gesäumt von Kiefernwald und nach einigen Kilometern erreichten wir das Feriendorf Bertingen, wo wir uns am Nachmittag telefonisch angemeldet hatten. Wir bewohnen ein Zimmer in einem von vielen im Wald verstreuten Häuschen. Diesmal keine urige Blockhütte, sondern ein Hotelzimmer mit allem Komfort. Früher soll hier ein Kinderheim gewesen sein. Vielleicht lagen deshalb heute bei den Handtüchern auf den Betten als Einschlafgruß keine Gummibärchen, sondern eine Tüte Gummischäfchen. Als wir es uns gemütlich gemacht hatten, begann in der Ferne ein lange anhaltendes kräftiges Gewitter. Wir überstanden den lokalen Regenguss beim Abendessen. Als wir fertig waren, hatte auch der Regen aufgehört.

Gute-Nacht-Gummischäfchen

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