Türkei 2014 – Van (13.04.2014)

Guten Morgen Van! In der Nacht das übliche Geraufe im südländischen Bett. Immer ist die gemeinsame Decke woanders.

Woran bemerkt der moderne Reisende den morgendlichen Stromausfall? Am Schweigen des Muezzin? Daran,  dass der Kühlschrank im Zimmer nicht mehr rappelt? An der fehlenden W-Lan-Verbindung! Aber warmes Wasser, wie im Prospekt. Nur dass die Duscharmatur kaputt ist und das Wasser nur aus dem Hahn ganz unten in Kniehöhe kommt.

So gesäubert zum reichhaltigen Frühstück. Die Büchlers schon da.

Wir laufen ein paar Straßen weit, suchen ein Sammeltaxi nach Hoşap, finden eines, das uns für 40TL mitnimmt. Zwei Leute kommen noch,  dann geht es los. Unterwegs steigt noch eine offenbar kranke Frau mit Begleiter zu.

Moderne Häuser, baufällige Hütten, Ruinengrundstücke, planierte Schutthalden in buntem Wechsel. Handgeschobene Obstkarren, Lastenräder, verbeulte Lieferwagen und moderne LKW nebeneinander. Gepanzerte Polizeifahrzeuge, Wasserwerfer mit Räumschild. An einem Militärgelände ein Wachsoldat hinter Sandsäcken. Eine breite leere Ausfallstraße bergan. In der kargen Landschaft ein Hirt mit Schafen. Auf der anderen Seite Neubaugerippe. Türkische Musik aus dem Lautsprecher, Schneeflecken auf den Hügeln. Blick auf verschneite Gipfel. Auf breiter Piste hinunter ins nächste Tal.
image

Unser Dolmus tankt. An der Tankstelle wird noch gebaut. Über uns schweben provisorisch befestigte Stahlträger, auf denen Arbeiter ungesichert herumturnen. Einer bringt ein Schweißgerät auf ein wackeliges Rollgerüst über den Zapfsäulen.

Ein langgezogener Stausee. Unser Fahrer brettert, schneidet die Kurven auf der breiten vierspurigen Straße bis an den linken Rand. Wir überholen einen Kleinlaster voller Hühner in Käfigen. Federflattern im Fahrtwind.

Ankunft. Ein Straßendorf aus zwei Dutzend Hütten. Teestuben, Läden, Werkstätten. Über eine Brücke, dann langsam den Berg hoch zur Burgruine. Blick von oben auf ein Lehmhüttendorf.

HoşapRuinenkletterei mit Ausblicken hinunter in die Ortschaften, hinaus auf schneebedeckte Berge bis hinüber in den Irak. Unten Schüsse, Hupen, ein kleiner Autokonvoi, eine Hochzeit vermutlich. Auf einem Platz unten ist eine Bühne aufgebaut, Stuhlreihen. Vorbereitungen zu einer Veranstaltung oder einem Fest.

Leichter Regen beim Abstieg. Kinder und ein schmutziger Hund interessieren sich für uns. Der Hühnerlaster ist inzwischen bei den Lehmhütten angelangt. Die Bewohner kommen heran, kaufen flatterndes Federvieh, das sie an den Beinen gepackt nach Hause tragen. So bleibt ein Huhn länger frisch, als im Kühlschrank. Wir stehen eine Weile an der Straße, Markus und ich halten Ausschau nach einem Transportmittel, die Damen und Laurin bevölkern derweil einen kleinen Laden mit Ausschank. Keine einheimischen Frauen auf der Straße,  über die ein Transparent gespannt ist, das für das heutige Fest wirbt. So lange wird es wohl noch halten, auch wenn jeder darunter vorbeifahrende Lastwagen ein Wenig daran zerrt.

TeestubeEin Dolmus kommt, die Richtung stimmt ungefähr, wir fahren mit. Zurück auf der breiten Straße, es regnet. Wir biegen nicht ab, sondern es geht wieder nach Van. Dort etwas verhandeln, rätseln, palavern, dann landen wir an einer Art Dolmus-Bahnhof und steigen um in einen Sechzehnsitzer, der uns zur Fähre nach Akdamar bringen soll. Es bleibt kühl und regnerisch heute.

Am Ufer des Van-Sees Picknick-Areale. Die Leute grillen Fisch und essen Mitgebrachtes. Wo Frauen sitzen, sind einige Picknick-Pavillons mit Tüchern verhängt. Ein dicker Mann steigt zu und nimmt auf einem der winzigen Plastikhocker Platz, die vorne gestapelt sind. Er lächelt uns freundlich an, probiert eine Unterhaltung mit Gesten. Wir wollten eigentlich nur zur Fähre am See, aber unser Kleinbus nimmt uns zuerst noch mit auf einen Ausflug hinauf nach Gevas, einen schäbigen Ort mit kaputten Straßen, wackeligen Ställen neben neuen Gebäuden. Ganz oben eine Art Kaserne, dann wieder zurück. An einer Teestube macht der Fahrer erstmal Pause.

Eine Stunde nachdem wir den See  verlassen haben, sind wir wieder dort. Die Überfahrt zur Insel erfolgt nach dem nun schon reichlich bekannten Dolmus-Prinzip: verhandeln, warten wenn dann genügend Leute beisammen sind, geht die Fahrt los. Das ist ein Land für Menschen, die Zeit haben. Wie wir. Schließlich ist Urlaub.

Am Boot nehmen wir in der Kajüte Platz, wo es einen Diwan gibt  windstill ist. Dann dieselt die Schaluppe mit großem Getöse los und aus dem kleinen Hafen hinaus der Seeinsel zu. Leider beginnt es zu regnen und wir umrunden die alte, von blühenden Mandelbäumen umgebene armenische Kirche nur kurz und gehen dann wieder in unsere Kajüte.

AkdamarUnser Boot ist das letzte, das die Insel verlässt und so warten wir sehr lange, bis alle Besucher von der Kirche und den umliegenden Hügeln zurück sind. Schließlich kommt auch noch der Mann, der bei der Ankunft drei Lira von uns kassiert hatte und es kann losgehen. Ganz schnell dann der Weitertransport an Land, denn da wartet schon ein Dolmus und sofort geht es los zurück in die Stadt.

Es ist recht kühl geworden. Also gehen wir kurz ins Hotel, um uns wärmere Kleider zu holen, dann machen wir uns auf Nahrungssuche. Unweit des Hotels gibt es zahlreiche Imbisse. Bei einigen schauen n wir durchs Fenster, in eines gehen wir topfgucken, wobei fast die ganze Belegschaft für uns Spalier steht, bis wir uns entscheiden, doch nicht da zu bleiben, weil unsere vegetarische Abteilung nichts Rechtes finden kann . Schließlich entdecken wir ein Lokal, wo wir die Kellnerei etwas mit unserer Speisenfolge verwirren, aber gut zu Essen bekommen.

Auf den Straßen trotz der Kälte reges Abendleben. Ausrufer skandieren die Ziele von Bussen, die meisten Geschäfte geöffnet, in einem Süßigkeitenladen machen wir noch Halt, dann gehen wir zu einem gemütlichen Abendtrunk zurück ins Hotel.