Unser letzter Tag in Istanbul. Wir teilten uns in mehrere Gruppen, je nachdem welche besonderen Wünsche und Interessen noch offen geblieben waren. Friederike wollte noch ins Museum der Unschuld von Orhan Pamuk. Anna ging mit, Sarah und ich spazierten indessen eine Stunde lang durch Beyoglu und entdeckten interessante Ecken.
Am frühen Nachmittag trafen wir uns im Hotel, wo wir unser Gepäck schon bereitgestellt hatten. Mit der Straßenbahn und einem kleinen Fußmarsch gelangten wir zu einem Terminal, wo allerlei Busse in Richtung Balkan verkehrten. Eine nicht unbedingt anheimelnde Ecke mit rauem Ton und vierschrötigen Gestalten. Unsere Buscrew bestand aus einer Frau von derben Umgangsformen, zwei Fahrern, zwei Ungeschlachten, die unter anderem für die Zollverhandlungen an den verschiedenen Grenzen zuständig waren und einem weiteren nicht sehr vertrauenerweckenden Mann.
Hinter dem Fahrersitz steckte ein Baseball-Schläger, eine Stufe am Einstieg war locker und bildete ein gutes Versteck, wie wir später noch sehen sollten, der Bauch des Busses füllte sich nach und nach mit sorgfältig in Plastikfolie verpackten und gründlich mit Tape verklebten Paketen und irgenwie kam es uns vor, als wären wir wenigen Touristen nur die Tarnung für ganz andere internationale Transporte, die da stattfinden sollten. Schließlich galt es, zwei Grenzen zu überwinden.
Nach einigen hundert Metern schleppender Fahrt hielt der Bus nochmal eine Weile am Straßenrand, bis jemand kam, der Lahmacun für alle Besatzungsmitglieder brachte. Dann ging es weiter durch den abendlichen Stoßverkehr. Nach einigen Staukilometern nochmal Pause am Rande einer Ausfallstraße. Wir hielten hinter einigen Pkw, die am Straßenrand warteten. Aus ihnen wurden zahlreiche Pakete herbeigetragen, die sich zu den vielen Kartons gesellten, die schon zusammen mit unseren Rucksäcken im Bauch des Busses ruhten. Wir waren schon gespannt auf den Zoll.
Istanbul wollte kein Ende nehmen. Hochhaussiedlung reihte sich an Hochhaussiedlung, bis wir endlich das offene Land erreichten und Edirne zu fuhren. Wir umrundeten die Stadt und gelangten zur türkisch-bulgarischen Grenze. Die erstaunlich unsouveräne Demonstration staatlicher Souveränität an solchen Landesgrenzen ist immer wieder dumm und nervtötend. Der türkische Grenzer vollführte eine Oper, weil ich einen kleinen Zettel mit einem unleserlichen Stempel nicht gleich vorweisen konnte, den wir bei der Einreise erhalten hatten. Als ich ihn dann in meinem Geldbeutel gefunden hatte, war er nicht mehr nötig. So bleibt meine Ausreise aus der Türkei auf ewig unbestätigt. Die Mitreisenden können jetzt hingegen zufrieden einen Zettel mit zwei Stempeln archivieren oder wegwerfen.
Es gab auch noch eine Zollkontrolle, die uns eher wie eine abgekartete Farce erschien. Sie dauerte eine gefühlte Ewigkeit, aus der losen Treppenstufe tauchten Zigarettenstangen auf, die an Zöllner ausgehändigt wurden. Auch zehn Dollar musste einer der Reisenden entrichten. Danach holperte der Bus auf engen Straßen durch die Nacht auf Bukarest zu, machte dabei allerdings einige Umwege, wobei viel telefoniert wurde. Dabei leerte sich dann auch der Bauch des Busses von den zahlreichen gut verklebten Paketen, die an abgelegen Orten in kleinere Fahrzeuge umgeladen wurden.
So langten wir im Morgengrauen in Bukarest an. Der Bus hielt an einem Depot der Busgesellschaft. Die Busleute besorgten uns drei Taxis und wehrten andere Fahrer ab, die uns angesprochen hatten. Wir fuhren für einen Spottpreis zum Ibis-Hotel, wo wir eigentlich schon für die zurückliegende Nacht reserviert hatten, und ruhten uns erstmal von der schlafarmen Busfahrt aus.