8. August 2015
Rivalta – (Verona) – Bonferraro
(82 km)

Die Nacht war gut, nur gegen sechs Uhr früh begann ich die Ansagen wahrzunehmen, die in kurzen Zeitabständen vom Bahnhof herüberwehten: (Bimbam) „Attenzione! Treno in transito al binario due. Allontanarsi dalla linea gialla.“ Zweimal nacheinander, dann das Rauschen des Zuges. Wir drehten uns noch ein paarmal zur Seite, aber dann war doch Zeit, aufzustehen. 
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Das Frühstück begann zäh. Eine der Damen, die wir schon am Vortag kennen gelernt hatten, richtete ein wenig unseren Tisch her, stellte sich aber selbst als Gästin vor. Erst nach einer Weile erschien auch die Signora und brachte Semmeln, Hörnchen, Butter, Marmelade und einen bitteren Kaffee, der Tote hätte erwecken können. 

Mit dem Bezahlen ging es ebenfalls etwas holprig, denn inzwischen telefonierte die Signora, anscheinend handelte es sich um einen Trauerfall. Hoffentlich nicht in der Runde der betagten Gäste vom Vorabend. Nebenher schrieb sie unsere Rechnung für Zimmer und Abendessen und kassierte. Beinahe hätten wir in dem Chaos noch vergessen, unsere Personalausweise zurückzuverlangen, die sie bei unserer Ankunft verlangt hatte. 
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Schließlich waren wir aber doch richtig auf der Straße und fuhren weiter gen Süden. Die Berge wichen seitlich zurück, zwischen uns und der Ebene lag nur noch ein Höhenzug, auf dem sich fleißig vier Windräder drehten. Auf der Autobahn, an der wir ein ganzes Stück entlang fuhren, herrschte zähfließender Verkehr bis Stau. 
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Der Berg, den wir noch zu überwinden hatten, war nicht ganz leicht zu nehmen, auch wenn wir inzwischen wieder ganz gut in Übung sind. Dafür gab es oben eine weite Aussicht in das Tal, aus dem wir gekommen waren, und auf der anderen Seite ging es so flott und steil bergab, daß wir die Leute schier bedauerten, die uns entgegen kamen. 
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Die Karte auf meinem Navi hatte uns schon verraten, daß unten im Berg ein Kanal verlief. Als wir die Stelle erreicht hatten, wo er wieder hervortritt, ging unser Weg am Kanal entlang weiter, auf dem Damm, über Brücken neben dem Wassertrog, bis kurz vor Verona. Leicht und schnell gelangten wir in die Stadt hinein, umrundeten die Piazza Brà und ließen uns dann vor einem Café nieder. 
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Anschließend wies uns OpenStreetMap auf meinem Smartphone wieder einmal rasch den Weg zu einer Trinkwasserstelle, wo ein kleiner Junge selbstvergessen aus einem Plastikschälchen trank und vergoss und ein Mädchen nicht von dem Druckknopf weichen wollte, mit dem der Hahn geöffnet wird, so daß sie allen Leuten beim Zapfen half. 
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Verona wieder zu verlassen, war sehr viel schwieriger, als hinein zu gelangen. Wir fuhren auf langen breiten Ausfallstraßen, durch riesige Kreisverkehre, endlose Gewerbegebiete und Vororte, bis wir an die Peripherie gelangten und sich die platte Weite der Poebene vor uns ausbreitete. Die Hitze machte uns an diesem bisher heißesten Tag des Jahres sehr zu schaffen. Hatte uns aus den Bergen heraus noch der kräftige Rückenwind geschoben, der auch die Windräder trieb, so stand jetzt die Luft und an manchen Stellen fuhren wir wie gegen eine Wand aus Hitze, wie bem Öffnen eines Backofens. In einem großen Supermarkt auf dem Land kauften wir Obst und Wasser. Unser Durst war enorm. 
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So waren wir recht froh über den Dunst, der nachmittags das Sonnenlicht dämpfte, und über einzelne dünne Wolkenschleier, die etwas Schatten spendeten.
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An unserem Hotel in Bonferraro stand eine Telefonnummer, die wir anrufen mussten. Nach zehn Minuten kam dann mit dem Auto ein überaus freundlicher junger Mann, der uns einließ und uns zusätzlich zu unserem Zimmer auch noch den Schlüssel zu einem Laden-Appartement im Parterre überließ, damit wir dort unsere Fahrräder einstellen konnten. 

Wir genossen den Komfort von Klimaanlage und Dusche und gingen dann in eine nahe Trattoria, in der die Gäste statt Antipasto, Primo und Secondo nacheinander mehrere Portionen verschiedener Risotti aßen. Schließlich waren wir in einem Reisanbaugebiet und das wurde hier wohl ausgiebig zelebriert. Gemüse oder gar Salat haben wir in dem Lokal nirgends gesehen. Wir fühlten uns schon nach je einer Portion gut gesättigt und probierten zum Abschluss noch „Mustarda e Grana“, pikant in Senf eingelegte Früchte mit würzigem Hartkäse. So war auch unser Salzhaushalt nach dem schweißtreibenden Tag wieder ausgeglichen. 

Den weiteren Abend verbrachten wir mit Bloggen und Planen für die nächsten Etappen. Die Fotos zum Text macht übrigens, eines alle dreißig Sekunden, eine an meinem Fahrrad befestigte GoPro-Kamera. Daher der bisweilen extreme Weitwinkel-Effekt, der ganz witzige Verfremdungen schafft.

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