Abreise von Sizilien. Das Appartement in der Hausnummer 24 des kleinen Cortile del Giuoco hatte es uns wirklich angetan. Man betrat es von der Straße her über eine schmale Veranda, die sich wie ein um vier Stufen erhöhter Gehsteig die ganze Front des Hauses entlangzog. An dieser Front gab es vier Türen und eine davon führte in unser Appartement. Die äußere Tür war ein robustes zweiflügeliges Gitter, die zweite eine einfache Glastür. Durch diese gelangte man in ein geräumiges Wohnzimmer mit zwei vermutlich ausziehbaren Sofas und einem runden Esstisch. In diesem Raum konnten problemlos auch unsere Fahrräder stehen. Hinter diesem Zimmer befand sich links ein Flur, der zu den gartenseitigen Räumen führte. Die verbleibende Breite des Appartements neben diesem Flur nahm unser Schlafzimmer ein, kaum breiter als das große Doppelbett, mit zwei schmalen Regalen, die als Nachttische dienten und einer Kommode mit drei Schubladen. Zum Wohnzimmer hin gab es ein offenes Fenster, das man durch ein verschiebbares Wandbild hätte verschließen können. Die hinteren Räume bestanden aus einer vollständig mit Einbaumöbeln, Herd und Kühlschrank ausgestatteten Küche und einem Bad mit Wanne, WC, Bidet und Waschbecken. Gartenseitig gab es vor Badfenster und Terrassentür wieder robuste abschließbare Gitter. Die Terrasse war ganz schmal, hatte aber Platz für ein Tischchen und zwei Stühle und dürfte ein angenehmer Schattenplatz für den Sommer sein. Alles in allem ein hübscher, wohnlicher, ruhiger, sicherer und sauberer Ort, ganz nah am Trubel des Zentrums. Das obere Stockwerk des Hauses scheint zu einer anderen Wohnung zu gehören.
Am Morgen gingen wir wieder in eine der nahen Pasticcerie frühstücken, dann packten wir, beluden unsere Räder und verließen um kurz nach Zehn das Haus. Bis zum Checkin am Hafen um 20 Uhr hatten wir so nochmal einen ganzen Tag in Palermo. Unser erstes Ziel war San Giovanni degli Eremiti, ein kleines altes Kloster mit einem sehr hübschen alten Kreuzgang. Wir durften unsere Räder in einem kleinen Nebenhof parken und konnten so gemeinsam unsere Besichtigungsrunde machen.
Den Rest des Tages verbrachten wir in verschiedenen Parks und in Cafés und radelten zwischendurch kreuz und quer durch die Straßen und Gassen der Stadt. Etwa um halb Acht konnten wir am Hafen einchecken. Am Schiff mussten wir dann noch über eine Stunde warten, ehe wir an Bord durften. Wir standen in einem Pulk von Motorradfahrern und schauten zu, wie emsige Zugmaschinen zunächst einen um den anderen Sattelauflieger aus dem Bauch des Schiffes hervorholten und dann eine ganze Reihe anderer wieder dort verstauten. Hinter uns warteten die PKWs. Einige Familien waren ausgestiegen und warteten mit ihren Kindern hinter einer Absperrung.
Auf dem großen Platz vor dem Schiff herrschte ein wirres Durcheinander von Fahrzeugen. Einige Offizielle führten Regie, so gut es mangels jeglicher wegweisenden Beschilderung ging. Zwischen allen wild kurvenden Lastzügen und PKWs und den wartenden Fahrzeugen und Menschen lief ein großer gelber Hund umher, einige Leute gaben ihm zu fressen und spielten mit ihm. Plötzlich ein Kinderschrei, denn der Hund hatte sich das Stofftier eines Kindes geschnappt und rannte damit davon. Der Vater des Kindes setzte ihm nach, aber der Hund lief zwischen den schnell rangierenden Fahrzeugen hin und her und war nicht zu erreichen. Erst als der Capo der Hafenleute ihn rief, folgte er und ließ sich das Spielzeug nehmen.
Schließlich durften wir mit unseren Fahrrädern an Bord. Wir luden ab, fuhren wieder mit dem Lift in die siebte Etage, schleppten unsere Sachen durch enge Gänge von ganz hinten nach ganz vorne und bekamen wieder die gleiche komfortable Kajüte, wie bei der Herfahrt. Wir richteten uns ein und gingen dann in das Selbstbedienungs-Restaurant an Bord zum Abendessen. Die Speisen waren eher kalt und nichtssagend. Kurz nach dem Ablegen des Schiffes waren wir dann wieder im Freien auf den oberen Decks und schauten noch lange auf die langsam entschwindenden Lichter Palermos.
Die weitere Überfahrt ist schnell erzählt. Am nächsten Tag war es nicht kalt, aber die Sonne konnte die Wolken kaum einmal durchdringen. Das Meer war etwas unruhiger, als auf der Hinfahrt, Auf den Wellen zeigten sich vereinzelt kleine Schaumkronen. Wir verbrachten viel Zeit schreibend, dösend und schlafend in unserer komfortablen Behausung und knabberten Cuor di Mela und, als besonderes Highlight, die Marzipan-Süßigkeiten, die wir aus Palermo mitgebracht hatten. Die Fahrt mit den Grandi Navi Veloci ist bestimmt die komfortabelste Reisemöglichkeit mit Fahrradtransport nach Sizilien, so lange es keine durchgehenden Züge mit Fahrradtransport gibt. Aber irgendwie langweilig ist es auch.
Um 17h kam wieder die Aufforderung, sich je nach Transportmittel und Parkdeck an bestimmten Stellen des Schiffes zu versammeln. Dazu musste man natürlich erstens das Parkdeck wissen – in diesem Punkt waren wir von der Hinreise gewitzt, unsere Räder standen auf dem ‚ebenerdigen‘ Deck C – zweitens aber hatte niemand eine Idee, ob wir als einzige Radler an Bord nun Fußgängern oder Autofahrern gleichzusetzen seien.
Wir warteten zunächst in der Bar auf Deck 9, weil dort kein Karaoke zu erwarten war, wie bei der Hinfahrt auf Deck 7. Am Ende entschlossen wir uns dann, auf eigene Faust zu dem Lift zu gehen, der uns beide Male beim Einsteigen nach oben gebracht hatte, und uns auf die Sachkenntnis der Frau zu verlassen, die ihn bediente, So kamen wir schließlich zu unseren Rädern, beluden sie und fuhren hinaus an Land. Die umständlichen Fahrwege im Hafen von Genua kannten wir schon von der Hinreise. Mein Navi führte uns auch rasch zum Hotel, aber der Wind war so stark und böig, dass es gar nicht einfach war, sicher durch den dichten Verkehr zu manövrieren. Beim Hotel mussten wir unsere Fahrräder auf eine höher gelegene Außenterrasse tragen. Das Hotel hieß Bellevue und von unserem Zimmer aus hatten wir einen immerhin recht weiten Blick, einerseits auf den Hafen und das Schiff, mit dem wir gekommen waren, andererseits hinunter auf den Bahnhof, von dem wir anderntags frühmorgens in Richtung Heimat abfahren würden. Wir packten nur das nötigste aus und gingen in einer nahen Pizzeria essen, die von zwei asiatischen Frauen geführt wurde. Nach dem Essen drehten wir noch eine Runde durch die Gassen, wo die afrikanischen und asiatischen Händler langsam ihre Läden schlossen und gingen dann ins Hotel.