Wir schliefen ausgezeichnet, sanft gewiegt von den Wellen, sahen ein schönes Morgenrot, schliefen noch etwas weiter, genossen die Bequemlichkeiten von Bad und Dusche, gingen dann in die Bar zu Cappuccino und Hörnchen und erkundeten anschließend weiter das Schiff. In der Ferne waren Wolken zu sehen, vereinzelt wohl auch lokale Regengebiete, aber über uns strahlte blauer Himmel, die Sonne schien, aber es wehte ein kräftiger frischer Wind. Im Schutz der Glasscheiben rund um den leeren Swimmingpool lagerten Hundebesitzer mit ihren Lieblingen, die in den nahen Käfigen genächtigt hatten. Im fensterlosen und auch sonst recht trostlosen Saal der Schlafsessel hockten einige Leute vor den Fernsehbildschirmen, andere dösten. Wir waren froh, dass wir komfortabler gebucht hatten und gingen wieder in unsere Kabine, um zu lesen, zu schreiben, zu dösen, die Reste unseres noch von zu Hause mitgebrachten Proviants an Brot und Käse zu verzehren und von den kostenlosen Erfrischungsgetränken aus der Minibar zu probieren. Cola ist eine sehr seltsame Brause, wenn man nicht daran gewöhnt ist.
Nach einem weiteren Rundgang und einem weiteren Cappuccino in der Bar sahen wir bereits Sizilien in der Ferne auftauchen und die Passagiere wurden aufgefordert, bis 16.45 Uhr die Kabinen zu räumen und zum Zählappell an bestimmten Stellen des Schiffes zu erscheinen. Wir taten, wie geheißen, wurden auch nochmal durch Pochen an der Tür aufmerksam gemacht und fanden uns pünktlich im großen Salon mit der Bar ein, wo sich schon zahlreiche Fahrgäste versammelt hatten. Der Musikant, der morgens seine elektronischen Geräte aufgebaut hatte, gab routiniert Karaoke zum Besten. Als er dann auch Leute aus dem Publikum zum Singen einlud, kam die Stunde des Fremdschämens und wir mussten leider dabei ausharren.
Schließlich ging es langsam in Richtung Ausgang. Die Passagiere wurden nach Parkdecks aufgerufen und nach nochmaligem Warten gelangten wir zu unseren Rädern, packten auf und fuhren hinaus in die abendliche Stadt. Es war etwa Sieben Uhr. Durch turbulenten Stadtverkehr kamen wir dennoch recht schnell zu unserer Unterkunft. Ich hatte schon vormittags angerufen und unser Kommen angekündigt. Jetzt, nachdem wir die kleine Gasse gegenüber dem Orto Botanico erreicht hatten, rief ich nochmal an und nach längerem Warten kam ein junger Mann gefahren, der uns einlassen sollte. Das war nicht ganz einfach, denn das erste Appartement, das er öffnete, erwies sich als bereits belegt, im zweiten nahm er Gasgeruch wahr und schaltete vorsichtshalber den Strom aus, bevor er hineinging, um erst einmal durchzulüften und den Gashahn am Herd zu schließen. Sogar sein Telefon ließ er aus Furcht vor Explosionsgefahr draußen.
Als gründlich gelüftet war, durften wir einziehen. Unser Heim für zwei Nächte erwies sich als sehr charmantes Appartement mit einem Wohnzimmer zur Straße, das geräumig genug war, um auch ganz bequem unsere Fahrräder unterzubringen, einem Schlafzimmer, Küche und Bad. Wir richteten uns ein, lasen und schrieben Nachrichten und gingen dann hinaus, um etwas zu essen zu suchen. Wir kamen schnell in die richtige Gegend und aßen in der Antica Focacceria S. Francesco wunderbares Meeresfrüchte-Risotto.
Dann liefen wir noch weiter durch die engen, belebten Gassen und gelangten zu einem Platz, wo zwischen abbruchreifen Häusern dröhnend laute Musik lief, an Tischen Getränke serviert wurden und immer wieder der Geruch von Marihuana und Haschisch vorbeizog.
Wir ließen uns für längere Zeit da nieder und beobachteten das vorbeiziehende Samstagabendvolk aller Klassen und Altersgruppen. Schließlich wanderten wir durch die Gassen zurück zum Orto Botanico und holten uns in einer Pasticceria, die jetzt, nach Mitternacht, noch geöffnet hatte, wunderbares Gebäck, um es als Betthupferl zu verspeisen.