​1. August
Swinemünde – Ueckermünde
(15 km)

Den Tag hatten wir uns anders vorgestellt. Am Vorabend hatten wir ein Appartement in Stettin gebucht und per Mail über die nicht genau vorhersagbare Ankunftszeit verhandelt. Wir wollten das kurze Stück nach Kamminke fahren, von dort nach Ueckermünde übersetzen und dann nach Stettin radeln. Doch es kam anders. Aber beginnen wir von vorne. 

Wir hatten ganz ordentlich geschlafen, morgens war der Himmel grau, zeitweise regnete es. Bis wir fertig waren, hatte es aufgehört. Wir packten auf und fuhren zuerst zu einem kleinen Laden, der uns am Vorabend aufgefallen war, weil er so nett und klein aussah, wie ein Geheimtipp. „Kaffee und Kuchen“ stand auf Polnisch dran und das schien uns genau das Richtige für unser Frühstück. Wir gingen also hinein und waren schier überwältigt von der Auswahl. Wir wählten in Gedanken schon aus und als wir an der Reihe waren, bestellten wir zuerst Kaffee – und erhielten die sehr brüske Auskunft, Kaffee gebe es hier nicht. Kaffee nein! Eine polnische Kundin schien Anteil zu nehmen und zeigte auf das Ladenschild aber es blieb dabei: Kaffee nein. Also verzichteten wir auch auf das Gebäck auf das wir uns schon gefreut hatten und fuhren etwas angepisst weiter. 

An dem großen Platz, wo wir am Vortag im „Neptun“ zu Abend gegessen und den Kellnern auf der Freifläche beim reichlichen Gebrauch von Insekten-Abwehrspray zugesehen hatten, fanden wir ein Café und frühstückten Apfelkuchen. Dann radelten wir los nach Kamminke. Das ging auch flott dahin, nur muss wohl ein Scherzbold bei OpenStreetMap den Grenzübergang falsch eingetragen haben, so dass wir ein ganzes Stück auf einem Trampelpfad fahren mussten, bis wir die kleine Grenzbrücke erreichten. Ich werde das in OSM korrigieren. 

Wir kamen zum kleinen Hafen von Kamminke und erwarteten häufigen Fährverkehr, wie ihn uns der Wirt in Anklam verheißen hatte. Wir fragten an einem Imbiss und wurden auf eine Tafel verwiesen, auf der je nach Wochentag eine bis drei Fahrten verzeichnet waren, die nächste um 16:15 Uhr. Es war illusorisch, nach der Überfahrt noch die über 50 km nacht Stettin radeln zu wollen, also buchten wir das bereits bezahlte Appartement in Stettin per SMS auf die folgende Nacht um und suchten ein Hotel in Ueckermünde. Wir fanden dann auch eines, allerdings beinahe zum Doppelten dessen, was wir sonst bezahlen. Dann schlossen wir uns den zahlreichen Müßiggängern an, die den Platz bevölkerten. Außer einem kleinen Badestrand und einem großen Imbiss gab es eigentlich nichts zu sehen und zu tun und dennoch kamen immer wieder Leute, stellten ihr Auto ab und fütterten den Parkscheinautomaten. Wir hingen mal hier herum, mal da, die Internet-Verbindung war überall gleich schlecht. Wir lasen, schrieben, aßen Matjessemmeln und versuchten so, die fünf Stunden bis zur Abfahrt herumzubringen. 

Schließlich kam das Boot, entließ zahlreiche Fußgänger und Radfahrer und nahm die wenigen Wartenden auf. Die Fahrt über das Stettiner Haff dauerte eine Stunde und zwanzig Minuten und kostete für uns beide und die Räder stattliche 48 Euro. Auch dies eine der Überraschungen dieses Tages. 

Das Hotel am Markt war schnell gefunden. Auf dem großen Platz waren Biertische und eine Bühne aufgebaut, eine Band machte Soundcheck und uns schwante Schlimmes. Während wir uns einrichteten, frisch machten und kleine Wäsche wuschen, begann das Konzert und übertraf alle Befürchtungen. Nichts gegen Rockmusik, die darf auch mal ordentlich laut sein. Aber was diese vier nicht mehr ganz jungen Herrschaften an ungewollten Verballhornungen bekannter Musiktitel darboten, war schwer zu ertragen und doch im weiten Umkreis nicht zu überhören. Die dümmlichen Conférencen des Sängers zwischen den Stücken machten es nicht besser. Die Speisekarte des Restaurants, zu dem unser Hotel gehörte, hatte uns eigentlich gut gefallen, aber von dieser Musik wollten wir unser Abendessen nicht begleiten lassen und so machten wir noch eine Ortsrunde, fanden aber keine Alternative und verzogen uns schließlich in einen Winkel am hinteren Ende des Lokals, wo der Sound von draußen kaum noch das Gedudel seichter Unterhaltungsmusik aus den Lautsprechern übertönte. Das Essen war gut, ließ aber noch Platz für eine Nachspeise. Auf unserem Zimmer hörten wir noch lange das Klappern vom Aufräumen der Biertische und -bänke und das Palavern der letzten Gäste.